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Typ-2-Diabetes
Medikamentenklasse oder Blutzuckereinstellung – was ist wichtiger für die Kognition?
Typ-2-Diabetes ist ein bekannter Risikofaktor für kognitive
Beeinträchtigungen. Ob und inwieweit die Wahl der zweiten
blutzuckersenkenden Therapie zusätzlich zu Metformin
einen Einfluss auf die geistige Leistungsfähigkeit ausübt,
war bislang unklar. Nun liefert die GRADE-Studie hierzu
erstmals systematische Daten.
In 36 US-Zentren wurden 3721 Patienten mit relativ kur-
zer Diabetesdauer (im Mittel 4,3 Jahre) in vier Behandlungs-
arme randomisiert: Sie erhielten zusätzlich zu Metformin
entweder Insulin (Insulin glargin), einen Sulfonylharnstoff
(Glimepirid), ein GLP-1-Analogon (Liraglutid) oder einen
DPP-4-Inhibitor (Sitagliptin). Die Studienteilnehmer, mehr-
heitlich männlich (62,3%) und im Schnitt 57 Jahre alt, wurden
durchschnittlich 4,1 Jahre nachbeobachtet. Ihre kognitive
Leistungsfähigkeit wurde anhand etablierter Testverfahren
erfasst: Aufmerksamkeit und Verarbeitungsgeschwindig-
keit (Digit Symbol Substitution Test), unmittelbares und
verzögertes Erinnerungsvermögen (Spanish English Verbal
Learning Test) sowie Sprachflüssigkeit (Buchstaben- und
Kategorieflüssigkeit).
Die Auswertung ergab keine signifikanten Unterschiede
zwischen den eingesetzten Substanzklassen mit Blick auf
die Kognition. Dagegen zeigte sich ein Zusammenhang mit
der Qualität der Blutzuckerkontrolle: Eine schlechtere Blut-
zuckerkontrolle zwischen der Ausgangsuntersuchung und
den kognitiven Folgeuntersuchungen war mit einer schlech-
teren Leistung beim primären kognitiven Ergebnis und den
meisten sekundären kognitiven Resultaten verbunden.
Schwere Hypoglykämien, die ärztliche Hilfe erforderten,
traten in allen Behandlungsarmen nur selten auf (0,9 %).
Die Autoren folgern, dass für die kognitive Leistungsfähig-
keit im frühen Verlauf des Typ-2-Diabetes nicht die Wahl
der zweiten Medikamentenklasse entscheidend ist, son-
dern die Qualität der glykämischen Führung. Eine stabile
Blutzuckerkontrolle wirkt sich somit nicht nur positiv auf
vaskuläre und metabolische, sondern auch auf neuroko
gnitive Langzeitergebnisse aus.
Mü
Quelle: Luchsinger JA et al.: Glucose-Lowering Medications, Glycemia, and Cognitive Outcomes: The GRADE Randomized Clinical Trial. JAMA Intern Med. 2025;185(7):778-787. doi:10.1001/jamainternmed.2025.1189
Herpes-Zoster-Impfung
Weniger kardiovaskuläre Ereignisse
bei Patienten mit Diabetes mellitus
Dass eine Herpes-Zoster(HZ)-Infektion mehr ist als eine
schmerzhafte Hauterkrankung, ist seit Längerem bekannt:
Sie ist auch mit einem erhöhten Risiko für schwerwiegende
kardiovaskuläre Ereignisse (MACE; z.B. Schlaganfall oder
koronare Herzkrankheit) assoziiert. Da Patienten mit Dia-
betes für solche Ereignisse ohnehin stärker gefährdet sind,
hat eine Arbeitsgruppe aus Taiwan nun untersucht, ob eine
HZ-Impfung auch jenseits der Infektionsprävention Vortei-
le für diese Hochrisikogruppe bringt.
Zur Beantwortung dieser Frage hat die Gruppe elektroni-
sche Gesundheitsdaten aus der US-amerikanischen TriNetX-
Datenbank aus den Jahren 2006 bis 2022 herangezogen.
Unter allen Patienten ab 50 Jahren, bei denen ein Diabetes
mellitus diagnostiziert wurde – die per se ein erhöhtes
MACE-Risiko aufweisen und für eine HZ-Impfung grund-
sätzlich infrage kämen –, waren 68 178 innerhalb eines
Jahres nach Diagnose gegen HZ geimpft worden. Nach
Ausschluss derjenigen mit Immunerkrankung oder MACE
in der Anamnese standen 45 960 Patienten für die Auswer-
tung zur Verfügung. Dabei zeigte sich, dass geimpfte Pati-
enten ein um rund ein Viertel niedrigeres MACE-Risiko hatten
als nicht geimpfte (Hazard Ratio [HR]: 0,76; 95%-Konfi-
denzintervall [KI]: 0,72–0,79). Für die koronare Herzkrank-
heit ergab sich eine HR von 0,73 (95%-KI: 0,69–0,78), für
Schlaganfall eine HR von 0,79 (95%-KI: 0,74–0,84) und für
die Gesamtmortalität eine HR von 0,54 (95%-KI: 0,52–0,57).
Die schützenden Effekte zeigten sich geschlechtsunab-
hängig über verschiedene Altersgruppen und Diabetes-
Typen hinweg.
Demnach könnten Patienten mit Diabetes, die ohnehin
eine hohe kardiovaskuläre Krankheitslast tragen, von der
HZ-Impfung doppelt profitieren – einerseits durch den
Schutz vor einer schmerzhaften und belastenden Virusin-
fektion, andererseits durch eine mögliche Senkung des Ri-
sikos für Herzinfarkt, Schlaganfall und Tod. Um den Nutzen
der Impfung bei Menschen mit einem Diabetes abschlies-
send zu bewerten, sind jedoch weitere, prospektive Stu-
dien erforderlich.
Mü
Quelle: Kornelius E et al.: Association of herpes zoster vaccination and cardio vascular risk in patients with diabetes: long-term insights from a retrospective cohort study. BMJ Open. 2025;15(2):e090428. doi:10.1136/bmjopen-2024-090428
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