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Metainformationen


Titel
Arzneimittelsicherheit aus pharmakologischer und pharmakokinetischer Sicht
Untertitel
Pflanzliche oder synthetische Arzneimittel in der Geriatrie
Lead
Durch die Zunahme älterer sowie multimorbider Patienten müssen sich die klinische Forschung und praktisch tätige Ärzte zunehmend bisher vernachlässigten Problemen stellen. Das betrifft insbesondere Fragen zur richtigen Arzneimittelauswahl. Phytopharmaka scheinen in der Geriatrie bezüglich Nebenwirkungen und Risiken eine Alternative zu Synthetika zu sein.
Datum
4. Mai 2012
Journal
Schweizer Zeitschrift für Psychiatrie & Neurologie 02/2012
Autoren
Dieter Loew
Rubrik
FORTBILDUNG GERONTOPSYCHIATRIE
Schlagworte
Arzneimittelsicherheit
Artikel-ID
2793
Kurzlink
https://www.rosenfluh.ch/2793
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Transkript


FORTBILDUNG
Arzneimittelsicherheit aus pharmakologischer und pharmakokinetischer Sicht
Pflanzliche oder synthetische Arzneimittel in der Geriatrie
Durch die Zunahme älterer sowie multimorbider Patienten müssen sich die klinische Forschung und praktisch tätige Ärzte zunehmend bisher vernachlässigten Problemen stellen. Das betrifft insbesondere Fragen zur richtigen Arzneimittelauswahl. Phytopharmaka scheinen in der Geriatrie bezüglich Nebenwirkungen und Risiken eine Alternative zu Synthetika zu sein.

Dieter Loew

Prof. Dr. Dr. Dieter Loew
A ufgrund der demografischen Entwicklung mit stetigem Anstieg der Lebenserwartung müssen sich Institutionen aus dem Gesundheitsbereich zunehmend mit älteren Menschen, altersassoziierten Erkrankungen und multimorbiden Patienten befassen. Bei der Arzneimittelauswahl sind das insbesondere Fragen hinsichtlich auftretender Interaktionen bei Polypharmakotherapie, der altersangepassten Dosis, der Arzneimittelsicherheit und Compliance. Zum stetigen Anstieg der Lebenserwartung (11) haben zahlreiche Faktoren beigetragen, wie beispielsweise die Aufklärung über gesunde Ernährung, Lebensführung sowie körperliche Aktivität und Ausschaltung von Risikofaktoren wie Rauchen. Auch die Früherkennung und Therapie von Erkrankungen etwa des Herz-Kreislaufs oder bösartigen Tumoren hat dazu beigetragen.
Physiologische Veränderungen im Alter Altern ist ein individueller von ererbten beziehungsweise erworbenen Faktoren abhängiger Prozess. Ab dem 30. Lebensjahr folgt der physiologische Alterungsprozess mit kontinuierlichem Ab- und Umbau physiologischer Funktionen, Degeneration mit Funktionseinschränkung von Organen und Geweben, verminderter Regenerationsfähigkeit, herabgesetzter Leistung und Adaptation sowie Beeinträchtigung spezifischer und unspezifischer Abwehr. Diskutiert (1) werden verschiedene Hypothesen und Theorien, weshalb es zum Alterungsprozess kommt (1): ● dass vielleicht ein übergeordneter «Schrittmacher»
den Alterungsprozess steuert; ● dass eine genetische Komponente verantwortlich
ist; ● dass ein Nachlassen und Absinken der Hormon-
produktion ab dem 20. Lebensjahr auslösend wirkt, die unter anderem für die Steuerung des WachSchlaf-Rhythmus verantwortlich ist; ● dass freie aggressive Sauerstoffradikale im Rahmen körpereigener Energiegewinnung und äussere Faktoren einen schädigenden Einfluss auf Proteine, Lipide, Membran, Mitochondrien, Enzyme, Erbinformation, Chromosome, DNA haben; ● dass die Verzuckerung und Quervernetzung von

Proteinstrukturen in Organen mit einem Funktionsverlust einhergeht; ● dass die Verkürzung der Endabschnitte der Chromosomen (Telomere) nach maximal 50 Zellteilungen aufgebraucht sind, was zum Absterben und Zelltod führt; ● dass biophysikalische Faktoren – wie ein Nachlassen der Windkesselfunktion der Aorta – einen gleichmässigen Blutstrom zum Schutz von Druckschwankungen in kleineren Gefässen nicht mehr abpuffern können. Damit man Risiken einer Über- oder Unterdosierung sowie Wechselwirkung von Medikamenten vermeiden kann, hat die Arzneimitteltherapie im Alter pharmakodynamische und pharmakokinetische Aspekte zu beachten (6–8). Im Alter finden altersphysiologische Veränderungen im gastrointestinalen Trakt statt, die zu einer Fehl- und Mangelernährung führen, indem Nahrungsmittel unzureichend resorbiert werden, etwa weil die Resorptionsfläche der Darmzotten abnimmt oder die Resorption beeinträchtigt ist, beispielsweise aufgrund einer atrophischen Gastritis. Die Pharmakodynamik und Pharmakokinetik von Arzneimitteln wird dadurch beeinträchtigt. Kasten 1 stellt die physiologischen Veränderungen im Detail dar. Hinzu kommen altersbegleitende Erkrankungen, wie Arteriosklerose oder Arthrosen, auch die Immunantwort ist reduziert (Immunoseneszenz). Aus Kasten 2 gehen Hochrechnungen von Beske (2) zur Morbidität wichtiger Krankheiten bis zum Jahr 2050 hervor; beeindruckend ist beispielsweise die Zunahme der Makuladegeneration. Aufgrund physiologischer, pharmakologischer sowie pharmakokinetischer Besonderheiten im Alter sollte die Anwendung von Arzneimitteln kritisch überprüft werden (6, 8). Zur Prophylaxe und Therapie kommen chemisch definierte und pflanzliche Arzneimittel als Monopräparate beziehungsweise als begründet fixe oder Ad-hoc-Kombinationen infrage, wobei pflanzliche Extrakte gleich synthetischen Arzneimitteln nach nationalen und europäischen Richtlinien auf Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit geprüft sind. Im Gegensatz zu Synthetika sind Phytopharmaka komplexe Mehrstoffgemische. Sie besitzen multiple pharmakophore Gruppen, wirken eher unselektiv an mehreren Targets (Pleiotro-

&26 2/2012 PSYCHIATRIE NEUROLOGIE

FORTBILDUNG

Kasten 1: Physiologische Veränderungen im Alter
● Hämatokrit, Viskosität ↑durch Flüssigkeitsmangel infolge reduzierten Durstgefühls. ● Intrazellularflüssigkeit ↓von 42% auf 33%, Extrazellularflüssigkeit bleibt bei zirka 20%. ● Serumkreatinin ↑, Kreatininclerance ↓(normal 120 ml/min.) > 45. Jahr Verringerung
zirka 8 ml/min/1,73 m2 pro Dekade. ● Fettgewebe ↑von 15% bei 25-Jährigen auf 30% bei 75-Jährigen mit Speicherung lipophiler
Arzneimittel. ● Albuminsynthese ↓auf zirka 20% bei 80-Jährigen, Proteinbindung ↓, Assoziation, Dissozia-
tion an Bindungsstellen verändert, freier Arzneimittelanteil ↑. ● Hepatische Clearance ↓durch geringeren Leberblutfluss. ● Enzymatische Kapazität der CYP-450-Isoenzyme ↓. ● Abnahme der Skelettmuskulatur, relativer Organgewichte von Milz, Leber, Niere. ● Abnahme von Dichte und Zahl spezifischer und unspezifischer Rezeptoren. ● Veränderungen der Transitstrecke zum Erfolgsorgan mit Bindung an Rezeptoren. ● Verdickung der Gefässintima, Zunahme von Kollagen, Elastin, Glukosaminglykane, Kalzium. ● Wechselwirkungen durch Begleitmedikation infolge Polypragmasie.

Kasten 2: Auswahl von Krankheitsraten bis 2050 pro 100 000 Einwohner und prozentuale Änderung zu 2007 (2)

Krankheit
Herz-Kreislauf Herzinfarkt (neu/Jahr) Schlaganfall (neu/Jahr)
Lunge COPD Pneumonie
Psychische Störungen Demenz Demenz neu/Jahr
Bewegungsapparat Osteoporose Oberschenkelfraktur
Auge/Ohr Makuladegeneration Schwerhörigkeit

2007
381 226
7829 1407
1300 349
10 068 143
864 10 653

2030
575 (+ 51%) 330 (+ 46%)
10 259 (+ 31%) 2519 (+ 79%)
2092 (+ 61%) 568 (+ 63)
13 209 (+ 31%) 215 (+ 51%)
– 13 937 (+ 31)

2050
797 (+ 109%) 438 (+ 94%)
11 533 (+ 47%) 4197 (+ 198%)
3175 (+ 144%) 889 (+ 155%)
15 131 (+ 50%) 321 (+ 125%)
2327 (+ 169%) 16 294 (+ 53%)

pie) und haben durch mehrere Einzeleffekte ein breites Wirkprofil mit weniger wirkungsmechanistisch bedingten Nebenwirkungen. Als Naturstoffe unterscheiden sie sich pharmakokinetisch von den Synthetika und sind im Alter, sieht man von wenig klinisch relevanten Interaktionen wie beim Johanniskraut ab, weitgehend unproblematisch mit weniger schweren Nebenwirkungen. Zu den Indikationen zählen weniger akute, schwere Erkrankungen als mittelschwere bis leichte, besonders chronische Beschwerden (7). Worin liegt nun die Besonderheit pflanzlicher Extrakte, und wie sicher sind sie für ältere Patienten?
Pharmazeutische, biopharmazeutische Aspekte Wichtig für die Resorption wirksamer Inhaltsstoffe aus dem Extrakt sind Freisetzungsverhalten, Löslichkeit und Permeabilität durch biologische Membranen. Da es sich bei Phytopharmaka in der Regel um schnell freisetzende Darreichungsformen handelt, werden hydrophile, lösliche Inhaltsstoffe allgemein schnell und weitgehend vollständig resorbiert. Flüssige Darreichungsformen wie Frischpflanzenpresssäfte, Tinkturen,

Flüssigextrakte und Tees sind unproblematisch und unabhängig von pH-Bereichen zum Beispiel bei Patienten mit atrophischer Gastritis, Einnahme von H2-Antagonisten, Protonenblockern oder Antazida. Feste Darreichungsformen wie Tabletten, Filmtabletten, Kapseln, Dragees mit wässrigen, wässrig-ethanolischen oder lipophilen Trockenextrakten sind weniger gut löslich, sodass die Bioverfügbarkeit wesentlich vom Freisetzungsverhalten in verschiedenen Milieus und der Inhaltsstruktur abhängt (3). Phenolische Verbindungen wie Flavonoide oder Katechine enthalten meist mehrere Hydroxylgruppen. Sie dissoziieren leicht, während einfache oder komplexe terpenoide Einzelstrukturen häufig lipophil und im hydrophilen Milieu des Magen-Darms weniger löslich sind. Entscheidend für Ausmass und Geschwindigkeit der Bioverfügbarkeit ist die galenische Form, wie aus dem Vergleich verschiedener Mariendistelpräparate trotz gleicher Extraktmenge und Applikationsbedingung hervorgeht (10). Viele pflanzliche Extrakte liegen in flüssiger Darreichungsform vor und bieten sich bei älteren Menschen mit Schluckstörungen und schlechter Compliance für feste Arzneimittel an.
Klinisch-pharmakokinetische Aspekte im Alter Resorption: Eine Vielzahl pflanzlicher Inhaltsstoffe liegt in Extrakten als inaktive Vorstufe in Form von Glykosiden (Prodrugs) vor. Sie werden erst nach Spaltung durch Beta-Glykosidasen im Darmlumen beziehungsweise Konjugation der Aglykone mit Glukuronsäure in Darmepithelzellen resorbiert. So werden Salicylalkoholderivate der Weidenrinde intestinal durch Beta-Glukosidasen zu Glukose und Salizylalkohol hydrolisiert und nach Resorption im Blut zu gleichen Metaboliten abgebaut und renal ausgeschieden wie Acetylsalizylsäure (9). Biotransformation: Ein weiterer wichtiger Unterschied liegt in der Biotransformation. Xenobiotika werden allgemein in der Leber über CYP-450-Isoenzyme entgiftet und zur renalen Ausscheidung befähigt. Im Gegensatz zu Synthetika mit wenig Hydroxylgruppen werden pflanzliche Glykoside in der Regel als Aglykone resorbiert und müssen nur noch in Phase II glukuronidiert oder sulfatiert werden. Nur wenige Arzneipflanzen sind bekannt, aus denen biotransformatorisch toxische, genotoxische und mutagene Strukturen entstehen. Das mutagene und kanzerogene Potenzial von Quercetin ist widerlegt, da es sich um In-vitro-Befunde handelt und in vivo keine genotoxischen und kanzerogenen Eigenschaften nachgewiesen werden konnten (4). Bisher sind von zugelassenen Phytopharmaka keine toxischen Metaboliten oder mutagene und karzinogene Effekte bekannt. Elimination: Sieht man von Tubulusirritationen nach hoch dosiertem Wacholderöl ab, sind von pflanzlichen Extrakten keine glomerulo- oder tubulotoxischen Schädigungen bekannt. Auch interstitielle Reaktionen oder Kumulation durch eingeschränkte Nierenfunktion sind nicht bekannt. Interaktion: Vielfach wurden in vitro und bedingt in vivo pharmakokinetische Interaktionen von Phytopharmaka, aber auch von Lebensmitteln mit Arzneimitteln über CYP-450-Isoenzyme oder die Exprimierung des Aufnahme- und Effluxtransporters Glykopro-

&28 2/2012 PSYCHIATRIE NEUROLOGIE

FORTBILDUNG

tein (gp-P) im Darm nachgewiesen. Das Glykoprotein ist eine wichtige Determinante für die Bioverfügbarkeit. In der Zellmembran lokalisiert, begrenzt es die Aufnahme beziehungsweise steigert die Elimination von Xenobiotika aus Hepatozyten, renalen Tubuli und intestinalen Zellen. In-vitro-Methoden ergeben oft falschpositive oder falschnegative Ergebnisse, da biotransformatorisch in vivo gebildete Metaboliten unberücksichtigt bleiben, weshalb Vorhersagen aus In-vitroDaten wegen einer Vielzahl von Einflussfaktoren unsicher sind. Weiterhin ist nicht die geprüfte Einzelfraktion, sondern der eingesetzte Extrakt aussagekräftig, und Daten aus Akutversuchen sind nicht zwangsläufig auf langfristige Anwendung übertragbar. Die klinische Relevanz muss für jeden Einzelfall bewertet werden. Dosisanpassung: Entscheidend für die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Arzneimittels ist der frei wirksame Arzneimittelanteil. Da im Alter häufig eine Hypalbuminämie besteht, geht diese mit der Gefahr von Überdosierung, Wechselwirkung und Nebenwirkungen einher. Bei pflanzlichen Arzneimitteln ist die Proteinbindung im Gegensatz zu Synthetika mässig bis gering und liegt um 60 bis 80 Prozent, weshalb bei Hypalbuminämie kaum die Gefahr der Überdosierung und Wechselwirkung durch Verdrängung eines anderen Arzneimittels aus der Proteinbindung besteht.

Phytopharmaka als Alternative zu

problematischen Synthetika im Alter

In der 2010 im «Deutschen Ärzteblatt» publizierten vor-

läufigen PRISCUS-Liste ist die potenziell inadäquate

Medikation (PIM) für ältere Menschen aufgeführt (5).

Sie wurde nach einer zwei Runden umfassenden, struk-

turierten Expertenbefragung nach der Delphi-Me-

thode erstellt. Für ältere Menschen wurden 83 Arznei-

stoffe aus 18 Stoffklassen als potenziell inadäquat, 46

als fraglich und 26 als unbedenklich eingestuft und

mögliche Alternativen aufgezeigt. Bedauerlicherweise

wurden Phytopharmaka nicht berücksichtigt, obwohl

sie für gleiche Indikationen mit weniger wirkungsme-

chanistischen Nebenwirkungen zugelassen sind. Denn

pflanzliche Arzneimittel erfüllen wie chemisch defi-

nierte Substanzen nationale und internationale An-

forderungen an Qualität, Wirksamkeit und Unbedenk-

lichkeit. Als komplexe Mehrstoffgemische mit wirksam-

keitsrelevanten, agonistischen, synergistischen, kom-

plementären, zum Teil unbekannten und nach

Entfernung toxisch relevanter Fraktionen besitzen sie

multiple pharmakophore Gruppen, wirken eher unse-

lektiv an mehreren Targets (Pleiotropie) und entfalten

durch Addition mehrerer Einzeleffekte ein breites Wirk-

profil mit weniger wirkungsmechanistisch bedingten

Nebenwirkungen. Als Naturstoffe unterscheiden sie

sich pharmakokinetisch im Hinblick auf Resorption,

Biotransformation, Proteinbindung und Elimination

von den Synthetika und sind im Alter – sieht man von

wenig klinisch relevanten Interaktionen, zum Beispiel

bei Johanniskraut, ab – weitgehend unproblematisch

mit weniger Nebenwirkungen und damit eine Alterna-

tive zu potenziell inadäquaten Synthetika. Kasten 3 ent-

hält pflanzliche Extrakte als Alternative zu Synthetika,

wobei letztlich die Arzneimittelauswahl der ärztlichen

Therapiefreiheit und Erfahrung obliegt.

●

Kasten 3: Phytopharmaka als Alternative zu Synthetika bei älteren Patienten

Indikation

Chemisch definierte Substanz

Pflanzliches Arzneimittel

Chron. Herzinsuffizienz NYHA II

Diuretika, Betablocker, ACEHemmer AT1-Antagonisten

Crataegusblätter mit Blüten Dosis: 3 x 300 bzw. 2 x 450 mg

Chron. Herzinsuffizienz NYHA II–III

Diuretika, Betablocker, ACEHemmer, AT1-Antagonisten, Digitalis

Standard, statt Digitalis Crataegusblätter mit Blüten

Unruhe, Schlafstörung

Hypnotika, Benzodiazepine Baldrian, Baldriankombination

Leichte und mittlere Depression

Tri- ,Tetrazyclika, SSRI, SNRI, SSNRI, MAO-Hemmer

Hypericum-Extrakt Dosis: 3 x 300 mg, 2 x 450 mg

Hirnleistungsstörung

Acetylcholinesterase-Hemmer, Ginkgo-biloba-Extrakt

Memantin

Dosis 240 mg/Tag

Periphere arterielle Verschlusskrankheit

Buflomedil, Naftidrofuryl, Pentoxifyllin

Ginkgo-biloba-Extrakt Dosis 240 mg/Tag

Reizmagen-Reizdarm-Syndrom Metoclopramid, Domperidon, Iberogast, Pfefferminzöl,

Alizaprid

Pfefferminzöl + Kümmelöl

Benignes Prostata-Syndrom Alpha-Rezeptorenblocker, Alpha-Reduktasehemmer

Sägepalme, Brennnesselwurzel Roggenpollen, Kürbissamen

Klimakterische Beschwerden Östrogene, Gestagene

Cimicifuga-Wurzelstock, sibirischer Rhabarber

Spannungskopfschmerz

ASS, Paracetamol

lokal 10-prozentiges Pfefferminzöl

Arthrosen, Wirbelköpersyndrom, Myalgie

Nichtsteroidale Antiphlogistika, Teufelskralle, Weidenrinde, Analgetika, Myotonolytika Capsicum

ASS: Acetylsalicylsäure, SSRI: Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, SNRI: Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer, SSNRI: selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer

Korrespondenzadresse: Prof. Dr. med. dent., Dr. med. Dieter Loew
D-65191 Wiesbaden E-Mail: info@rosenfluh.ch
Quelle: Phytotherapie in der Neurologie, 26. Schweizerische Jahrestagung für Phytotherapie, 17.11.2011, Baden.

Literatur:
1. Belz G.G.: Alterung und Länge des menschlichen Lebens. In: Lebe länger und gesünder, Springer 2008, 67–74.
2. Beske F., Katalinic A., Peters E., Pritzukeit R.: (2009) Morbiditätsprognose 2050. Schriftreihe Band 114, Kiel, Schmidt & Klaunig, ISBN 978-3-88312-451-3.
3. Gaedcke F., Veit M.: (2004) Möglichkeiten und Grenzen des Nachweises der Bioäquivalenz bei Phytopharmaka. Zeitschr. für Phytotherapie 25: 82.
4. Harwood M., Danielewska- Nikiel B., Borzelleca JF. et al.: (2007). A critical review of the data related to the safety of quercetin and lack of evidence of in-vivo toxicity, including lack of genotoxic/carcinogenic properties. Food Chem Toxicol 45: 2179–2205.
5. Holt St., Schmiedl S., Thürmann P.: (2010) Potenziell inadäquate Medikation für ältere Menschen: Die PRISCUS-Liste. Dtsch Arztebl. Int; 107(31–32) 543–551.
6. Loew D.: Phytopharmaka in der Geriatrie (1) . Was ist im Alter anders? Der Allgemeinarzt 2010 (2): 16–19, ARS Medici. Nr. 3/, 14–15, 2010.
7. Loew D., Beer A.D., Adler M.: Phytotherapie in der Praxis: Einsatzmöglichkeiten bei geriatrischen Erkrankungen. Zeitschr. F. Phytotherapie 2010, 31: 145–148.
8. Rietbrock, N. Belz G.G.: in Klinische Pharmakologie, 4. Auflage, Rietbrock N. , Staib H., Loew D. (Hrsg),Steinkopff 2004.
9. Schmidt B., Kötter J., Heide L.: (2001) Pharmacokinetics of Salicin after oral administration of a standardised willow bark extract. Eur. J. Pharmacol 57: 387–391.
10. Schulz H.U., Schürer M., Krumbiegel G et al.: (1995) Untersuchungen zum Freisetzungsverhalten und zur Bioäquivalenz von SilymarinPräparaten. Arzneim. Forsch 45: 61–64.
11. Weiland St.K., Rapp K. , Klenk J., Kei l U.: (2006) Zunahme der Lebenserwartung. Dtsch Arztebl. 106: A 1072–1077.

2/2012

&PSYCHIATRIE NEUROLOGIE

29

FORTBILDUNG

Interview:
Phytopharmaka in der Gerontopsychiatrie

Prof. Dieter Loew hat sich jahrzehntelang um die experimentelle und klinische Forschung von Phytopharmaka verdient gemacht. An der 26. Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Phytotherapie hat er alternative medikamentöse Behandlungswege in der Geriatrie aufgezeigt.

Psychiatrie & Neurologie: Was sind die häufigsten Fehler, die in der Praxis auftreten, wenn Medikamente bei älteren Menschen verordnet werden? Prof. Dieter Loew: Im hohen Lebensalter ist es besonders wichtig, das Körpergewicht und den Hydratationszustand zu beachten. Ausserdem sind Leber- und Nierenvorschäden auszuschliessen. Denn unter Umständen verändert dies die Aktivität der CYP-450-Isoenzyme. Auch Resorptionsstörungen wie eine atrophische Gastritis, eine Magen-Darm-Resektion oder chronische Diarrhö sind zu beachten, da diese mit einem Verlust an Elektrolyten, Mineralien, Vitaminen und Flüssigkeit einhergehen können. Nichtsteroidale Antiphlogistika haben beispielsweise eine erhöhte Eiweissbindung, was zu einer verstärkten Freisetzung der Begleitmedikation führen kann mit Folgen der Überdosierung. Auch muss man sich immer fragen, ob eine symptomorientierte Intervallgabe ausreicht, anstelle einer Dauermedikation.
Bestehen geschlechterspezifische Unterschiede in der Wirkung von Arzneimitteln im Alter, und werden diese beachtet? Dieter Loew: Bezüglich der geschlechtsspezifischen Regulation der Expression von Genen, die Enzyme des CYP-450-Systems im Metabolismus kodieren, besteht ein Forschungsbedarf. Bekannt ist bis anhin eine höhere CYP-2D6-Aktivität bei Männern, die zu einer besseren Verträglichkeit bei Betablockern führt. Männer sprechen auch besser auf Trizyklika an, während Frauen vor der Menopause besser auf SSRI ansprechen und postmenopausal dann schlechter. Bekannt ist zudem, dass Östrogene im Herzrhythmus das QT-Intervall verlängern. Auch Digitalis und bestimmte Antiarrhythmika werden von Frauen schlechter vertragen. Acetylsalicylsäure (ASS) wirkt bei Frauen in der Prävention der koronaren Herzkrankheit schwächer, beim Schlaganfall stärker. Allgemein besteht bei Frauen häufiger eine Unter- beziehungsweise Überdosierung mit einer zirka 1,5-fach erhöhten Rate an Nebenwirkungen.
Gibt es Psychopharmaka, die man mit Phytopharmaka ersetzen könnte? Dieter Loew: Auf dem Gebiet der Psychiatrie und Neurologie sind nur wenige Phytopharmaka gegenüber Plazebo oder Synthetika nach wissenschaftlichen Richtlinien geprüft und zugelassen. Dazu gehören Sedativa wie Baldrian allein oder in Kombination mit Hopfen, Passionsblume, Melisse oder Anxiolytika wie Lanvendelöl, früher Kava-Kava und topisches Capsicum bei diabetischer oder postherpetischer Neuralgie, Johanniskraut und Ginkgo biloba.

Gibt es aus pharmakologischer Hinsicht generell ungeeignete Psychopharmaka im Alter? Dieter Loew: Ungeeignet im Alter sind Arzneimittel, die pharmakologisch und klinisch nicht geprüft und zugelassen sind. In verschiedenen PIM-Listen (potenziell inadäquate Medikation) sind unter anderem in der USA-Beers-Liste 66 Wirkstoffe und in der deutschen Priseus-Liste 83 Substanzen aufgeführt. Besonders problematisch sind Psychoepileptika (Neuroleptika, Benzodiazepine, Z-Substanzen, Hypnotika, Sedativa) sowie Psychoanaleptika (Antidepressiva, Antidementiva). Die PIM-Prävalenz beträgt bei Frauen 32 Prozent und bei Männern 23,3 Prozent. Schwere unerwünschte Arzneimittelwirkungen sind bei über 70-Jährigen nach oralen Antidiabetika, Diuretika, Digitoxin, Betablockern, ACEHemmern und NSA zu erwarten.

Was ist bei der Kombination von Phytopharmaka mit chemischen Pharmaka zu beachten? Dieter Loew: Die Kombinationen von Synthetika und Phytopharmaka sind sinnvoll, da sie sich pharmakodynamisch ergänzen und Nebenwirkungen reduzieren, zum Beispiel durch den Austausch von Digitalis durch Weissdornblätter mit Blüten bei chronischer Herzinsuffizienz allein oder in Kombination mit der Standardtherapie. Möchte man beispielsweise die Dosis von nichtsteroidalen Antirheumatika reduzieren, eignet sich die Verschreibung von Teufelskralle beziehungsweise Weidenrindenextrakt mit weniger wirkungsmechanistisch bedingten Nebenwirkungen.

Ist Ärzten, insbesondere Psychiatern/Neurologen, überhaupt bewusst, dass Phytopharmaka eine Alternative zu Synthetika sein können? Dieter Loew: Ich denke, dass zwischen dem Wunsch des Patienten nach Naturheilmitteln wie Phytopharmaka und der tatsächlichen ärztlichen Verordnung eine Diskrepanz besteht. Phytopharmaka zählen zu den ältesten Heilmitteln, ihre Anwendung lässt sich bis in die Antike verfolgen. Phytopharmaka sind aber keine Arzneimittel bei Akuterkrankungen, sie werden weniger stationär als ambulant angewendet und in Leitlinien bisher kaum berücksichtigt, obwohl sie weniger Nebenwirkungen haben. Für ihre Geringschätzung als Alternative zu Synthetika kommen meines Erachtens pharmakopolitische Aspekte und mangelnde Kenntnisse experimenteller Anwendungen infrage.

Sehr geehrter Herr Prof. Loew, wir danken Ihnen für das

Gespräch.

●

Das Interview führte Annegret Czernotta.

&30 2/2012 PSYCHIATRIE NEUROLOGIE


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