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Prisma
Stiftung Pfizer Forschungspreis ehrt exzellente junge Forscher
Zum 25. Mal ist Ende Januar 2016 der Pfizer Forschungspreis an 14 junge Wissenschaftler in der Schweiz für ihre Arbeiten aus fünf medizinischen Disziplinen verliehen worden. Im Bereich Onkologie gab es drei Ehrungen zu Brust-, Prostata- und Hautmalignomen.
«Bei Brustkrebs vor Therapierisiken schützen» Dr. Marie-May Coissieux und PD Dr. Kirsten Mertz erhielten ihren Preis für ihre Forschungen zu Metastasierungsmechanismen bei Brustkrebs (1). Auf eine «einfache Formel» gebracht, geht es in ihrer Arbeit um die Makrophagenbildung zwischen den Tumorzellen und das Metastasierungsrisiko, denn: Sind dort viele Makrophagen, ist das Risiko für Metastasen höher, denn die Zellen sorgen dafür, dass sich im Tumor neue Blutgefässe bilden. Über diese bekommen die Krebszellen Nahrung und Sauerstoff, sie können wachsen und sich mit dem Blutstrom im Körper ausbreiten. Bei Brustkrebs mit hohem Metastasierungsrisiko produzieren die Tumorzellen mehr CCL2. Dieser Stoff lockt bestimmte Immunzellen zum Tumor, die sich dort zu Makrophagen entwickeln. Die Wissenschaftlerinnen gaben Mäusen mit Brustkrebs Antikörper, die CCL2 blockieren, und die Tiere bekamen weniger Lungenmetastasen. Als sie die AntiCCL2-Therapie stoppten, wuchsen jedoch sehr viele Metastasen. Durch die Therapie hatten sich die Makrophagenvorläufer im Knochenmark angestaut, nach Ende der Behandlung die Lunge überschwemmt und dort das Metastasenwachstum angeheizt. Dank der Erkenntnisse der beiden Forscherinnen weiss man nun, dass man sehr vorsichtig mit einer Anti-CCL2-Therapie sein muss, weil sich nach dem Absetzen sehr viele Metastasen bilden können, die rasch zum Tod führen. Die Forscherinnen schlagen vor, Anti-CCL2 mit anderen Medikamenten zu kombinieren, etwa mit solchen, die die Bildung von Blutgefässen hemmen.
«Forschung mit Kombitherapie gegen Prostatakrebs» Dr. Diletta Di Mitri und Dr. Alberto Toso
fanden heraus, dass Immunzellen die Tumorzellen davon abhalten können, in den «Ruhestatus» überzugehen (2). Sie fanden bei Mäusen mit Prostatakrebs grosse Mengen myeloider Zellen. Diese Zellen stellen den Botenstoff IL-1RA her, der verhindert, dass sich Krebszellen in den Ruhestatus begeben. Als die Forscher den Mäusen Myeloidzellen gaben, die nicht IL-1RA produzieren, hörte deren Krebs auf zu wachsen. In einem anderen Versuch gaben sie den Mäusen zusätzlich zu Docetaxel einen CXCR2Antagonisten. Dieses Medikament hält Myeloidzellen vom Tumor fern, sodass sie dort nicht ihre wachstumsfördernden Wirkungen ausüben können. Durch die Kombinationstherapie konnte Docetaxel das Tumorwachstum viel besser bremsen. Jetzt testen die beiden Forscher die Doppeltherapie bei Patienten. Eine andere Möglichkeit wären Medikamente, die IL-1RA blockieren. Durch die Erkenntnisse der beiden Forscher könnten Männer mit Prostatakrebs künftig mit einer neuen Antitumortherapie behandelt werden.
«Eine neue Nase nach dem Tumor» Weisser Hautkrebs lässt sich meist mit einer Operation entfernen. Muss der Chirurg aber grosse Bereiche am Nasenflügel entfernen, kann ein «Loch» zurückbleiben. Viele Betroffene möchten sich nicht mehr in der Öffentlichkeit zeigen, und einige bekommen zudem schlecht Luft, weil der stützende Knorpel fehlt. Schon seit Längerem versuchte Dr. Ilario Fulco mit seinem Team, Knorpel im Labor zu züchten. Das ist nicht einfach, denn der Zuchtknorpel soll dem echten Knorpel ähneln und stabil genug sein. Jetzt behandelten die Forscher zum ersten Mal fünf Patienten erfolgreich, bei denen grosse Teile des Nasenflügels entfernt werden mussten. Aus einem winzigen Stück Nasenscheidenknorpel wurden im Labor die Knorpelzellen herausgelöst, vermehrt und auf einer Membran zu einem dreidimensionalen Knorpelgebilde gezüchtet. Mit dem fertigen Knorpel reparierte der Chirurg die Nasenflügel. Ein Jahr später waren die neuen Nasenflügel so stabil, dass die Patienten gut atmen konnten und die Na-
Stiftung Pfizer Forschungspreis
Die Stiftung Pfizer Forschungspreis wurde 1991 als Ausdruck des Engagements der Firma Pfizer in der medizinischen Forschung gegründet. Seit 1992 wird der Preis an junge Wissenschaftler zur Würdigung ihrer Arbeit im Bereich der Grundlagenund klinischen Forschung verliehen. Auf Antrag von unabhängigen wissenschaftlichen Kommissionen werden die Preise in den fünf Bereichen Herzkreislauf, Urologie und Nephrologie, Infektiologie, Rheumatologie und Immunologie, Neurowissenschaften, Onkologie und Pädiatrie verliehen mit einer Preissumme von jeweils 15 000 Franken.
Weitere Informationen: Stiftung Pfizer Forschungspreis c/o Pfizer AG, 8052 Zürich www.pfizerforschungspreis.ch
Dr. Marie-May Coissieux, PD Dr. Kirsten Mertz Friedrich Miescher Institut Basel und Kantonsspital Baselland
Dr. Diletta Di Mitri, Dr. Alberto Toso Institute of Oncology Research, Bellinzona
Dr. Ilario Fulco Universitätsspital Basel
sen zudem sehr natürlich aussahen. Dank der Forschung von Fulco und seinem Team (3) können zahlreiche Patienten nach einer entstellenden Operation auf ein normales Aussehen hoffen.
Barbara Kunert/hir
Quelle: Medienanlass und -Dokumentation zur Verleihung des Pfizer Forschungspreises. Zürich, 28.1.2016.
Referenzen: 1. Laura Bonapace*, Marie-May Coissieux*, Jeffrey Wyckoff, Kirsten D. Mertz, Zsuzsanna Varga, Tobias Junt*, Mohamed Bentires-Alj*: Cessation of CCL2 inhibition accelerates breast cancer metastasis by promoting angiogenesis. Nature 2015; 515: 130–133. 2. Diletta Di Mitri*, Alberto Toso* et al.: Tumour-infiltrating Gr-11 myeloid cells antagonize senescence in cancer. Nature 2015; 515: 134–137. 3. Ilario Fulco*, Sylvie Miot* et al.: Engineered autologous cartilage tissue for nasal reconstruction after tumour resection: an observational first-in-human trial. Lancet 2014; 384: 337–46. * These authors contributed equally to this work.
SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE 2/2016
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