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Warum sterile NaCl-Inhalationslösung vom Apotheker?
Untertitel
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Das Editorial in ARS MEDICI 1/13 hat Reaktionen ausgelöst. Nicht nur wegen der beschriebenen unsinni- gen regulatorischen Dichte. Anlass zur Diskussion gab auch die Tat- sache, dass sich der betroffene Kollege die Inhalationslösung vom Apotheker herstellen lässt, statt sie selber zu mischen.
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Rubriken — ECHO
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5247
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ECHO

Warum sterile NaCl-Inhalationslösung vom Apotheker?

Das Editorial in ARS MEDICI 1/13
hat Reaktionen ausgelöst. Nicht nur
wegen der beschriebenen unsinni-
gen regulatorischen Dichte. Anlass
zur Diskussion gab auch die Tat-
sache, dass sich der betroffene
Kollege die Inhalationslösung vom
Apotheker herstellen lässt, statt sie
selber zu mischen.
Kollege W.W. fragt: Ist es denn so schwierig, 1 Kaffeelöffel Kochsalz in 100 ml Wasser aufzulösen? Muss das wirklich von einem Apotheker ausgeführt werden? Es geht um Materialkosten für Kochsalz und Wasser im Wert von rund 50 Rappen für 8 Liter 7%-ige NaCl-Lösung (Jahresbedarf). Im Ernst: Dass man die Atemwege bei der Inhalation nicht mit Keimen belasten will, liegt auf der Hand. Aber ob die Inhalationslösung wirklich steril sein muss, ist eine andere Frage. Meine (überspitzt formulierte) Frage zielt im Grunde auf die Verhältnismässigkeit: Gibt man hier sterile Inhalationslösung in ein keimarmes Inhalationsgerät, von wo diese Lösung in bakterienbesiedelte Atemwege gelangt? Die Firma PARI schreibt auf ihrer Homepage: «Im Privathaushalt werden Vernebler und Zubehör (ohne Schlauch) nur mittels Auskochen beziehungsweise Vaporisator desinfiziert.» Es gibt hier keine Empfehlung für chemische Desinfektionsmittel. Es drängt sich somit die Frage auf: Welches ist dann (bakteriologisch) der Unterschied zwischen ausgekochtem Inhalationsgerät und ausgekochter NaCl-Lösung? Wenn das Inhalationsgerät bestenfalls keimarm ist, weshalb genügt es nicht,

wenn die Inhalationslösung ebenfalls

keimarm (statt steril) ist?

Dr. med. W.W. in K.

(Name der Redaktion bekannt)

Antwort: Grundsätzlich: Die Lösung muss selbstverständlich steril und entsprechend in einem mit einer sterilen Nadel anstechbaren Fläschchen abgefüllt sein. Der Kollege würde ja auch nicht Spaghettiwasser als Therapie in seine Lungen inhalieren. Lungenpatienten oder CF-Patienten mischen die Kochsalzlösungen zur Inhalation nie selber zu Hause. Es geht hier nicht um Nasenspülungen! Die Alternative zu den mit Magistralrezeptur erstellten 100-ml-Fläschchen NaCl 7% ist übrigens Mucoclear® 6%. Davon kosten 60 Amp. à 4 ml, also 240 ml, rund 60 Franken (siehe www. inqua.de/index.php?id=30). Das wurde mir bei der Spitalentlassung auch verschrieben (und wird üblicherweise benutzt von PCD- und CF-Patienten), nachdem ich wegen einer schweren pulmonalen Infektion zur i.v-Therapie hospitalisiert werden musste. Mucoclear® ist zwar offiziell nicht kassenzulässig, würde aber vermutlich von der Krankenkasse auf Gesuch hin bezahlt, weil es eine Alternative ist zu Pulmozyme (Inhalationslösung, 2500 mg, 30 Amp. zu einem Publikumspreis von 1329.70 Franken beziehungsweise Tagestherapiekosten von 44.30 Franken). Das Groteske ist ja, dass ich Mucoclear® in beliebiger Menge aufs Mal beziehen könnte, dass jedoch, wenn ich – auch aus Kostengründen – auf die 100-ml-Fläschchen ausweiche, nur 3 Fläschchen aufs Mal abgegeben werden dürfen. Natürlich kann man fragen, ob allenfalls ein Arzt fähig wäre, Apotheker zu

spielen und sich selber seine Salzwasser-Inhalationslösung «semisteril» herzustellen, indem er Salzwasser und ein Fläschchen à zum Beispiel 100 ml aufkocht. Das wäre vielleicht in Afrika eine Option. Aber: 1. Es ist klar, dass man von einem
«durchschnittlichen» Patienten nicht erwarten kann, dass er Salz und Wasser selber abwiegt, mischt und aufkocht und separat ein Fläschchen mit geeignetem Verschluss auskocht. Wie viel Wasser müsste er nun genau nehmen und wie lange darf es kochen, damit er am Schluss eine 7%Lösung hat? 2. Wie lange bleibt diese Lösung «semisteril»? Könnte ich da gleich 3 Fläschchen für 12 Tage vorbereiten? 3. Ich jedenfalls würde der Sache nicht trauen und wohl eher jeweils nur 1 Fläschchen für 4 Tage herstellen. Nur: Weshalb sollte ich als Arzt diese Arbeit (sei es alle 4 oder alle 12 Tage) auf mich nehmen, um der Krankenkasse 13.10 Franken pro Fläschchen zu sparen? Besonders wenn ich sonst schon mehrere Stunden pro Tag für meine Therapie aufwenden muss und meine frei verfügbare Zeit mir entsprechend kostbar ist. Schon interessant, dass der Kollege nur die Materialkosten berücksichtigt. Ist die Arzt-Zeit nichts wert? 4. Weshalb sollte ich mich völlig unnötigerweise mit einer nur «semisterilen» Lösung zufrieden geben, wenn ich an einer Krankheit leide, bei welcher die Infektionsgefahr das Hauptproblem darstellt und wesentlich grösser ist als bei der Durchschnittsbevölkerung, sowohl was die Wahrscheinlichkeit als auch was die Folgen des Infektes betrifft? Zur Bemerkung des Kollegen, die Firma PARI schreibe, im Privathaushalt würden Vernebler und Zubehör (ohne Schlauch) nur mittels Auskochen beziehungsweise Vaporisator desinfiziert: Natürlich ist das ein Kompromiss, den man eingeht, weil eine Sterilisation von Vernebler und Zubehör ganz einfach nicht vernünftig machbar wäre. Das heisst doch nicht, dass man auf eine sterile Lösung verzichten soll, wenn diese einfach herzustellen ist. ❖
N.N.
(Name der Redaktion bekannt)

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ARS MEDICI 3 ■ 2013

ECHO
Mephisto heute
ARS MEDICI 1/13, Rosenbergstrasse 115, Seite 5
Ich denke, dass Mephisto dem Faust heute nicht mehr zum Arztberuf raten würde. Möglichweise spräche er anno 2013 so:
Wenn dir das Know-how und Grundlagen fehlen, stellt doch ein Wort zur rechten Zeit sich ein; mit tausend Worten aus Gesundheitsmaklerkehlen (zweckmässig und vernünftig muss ja keines sein) bestimmst du s'Qualitätsgesundheitswesen ganz allein.
Schau, dass die Ärzte immer fügsam bleiben, dem TarMed und dem BAG stets treu ergeben, dass sie nicht eigenwillig die Arznei verschreiben und autochthon das Monopol der Therapie erstreben.
Bedenke zudem auch, was dir Mephisto rät: Verwende immer wieder und in einem fort den wunderbaren Ausdruck QUALITÄT und dir wird klar, das ist ein Zauberwort.
Dr. med. Max Konzelmann, Glarus