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Die Zeitschrift für Dermatologie und Ästhetische Medizin hat folgende Schwerpunkte: Dermatologie, Dermatopharmazie, Dermatokosmetik, Allergologie und Venerologie. Ausserdem berichten wir von Kongressen und Fortbildungsveranstaltungen. Erscheint 4 mal pro Jahr in einer Auflage von ca. 3500 Exemplaren.

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Metainformationen


Titel
Fortschritte bei Urtikaria und Angioödem
Untertitel
Neue pathophysiologische Erkenntnisse und Therapieoptionen
Lead
Den Quaddeln selbst sieht man in der Regel nicht an, ob sie tatsächlich Ausdruck einer chronischen spontanen Urtikaria sind oder ob vielleicht eine andere, seltenere Krankheit dahintersteckt, etwa ein Schnitzler-Syndrom. Kenntnisse der zugrunde liegenden Pathophysiologie sind bei Urtikaria und Angioödem für die Diagnostik und die Therapiewahl zentral. Darüber sprachen Experten an der Tagung DDG KOMPAKT 2012 in Berlin.
Datum
16. Juli 2012
Journal
Schweizer Zeitschrift für Dermatologie & Ästhetische Medizin [medicos] 02/2012
Autoren
Alfred Lienhard
Rubrik
Fortbildung
Schlagworte
Angioöde, Urtikaria
Artikel-ID
4974
Kurzlink
https://www.rosenfluh.ch/4974
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Transkript


FORTBILDUNG

Fortschritte bei Urtikaria und Angioödem
Neue pathophysiologische Erkenntnisse und Therapieoptionen

Den Quaddeln selbst sieht man in der Regel
nicht an, ob sie tatsächlich Ausdruck einer
chronischen spontanen Urtikaria sind oder ob
vielleicht eine andere, seltenere Krankheit
dahintersteckt, etwa ein Schnitzler-Syndrom.
Kenntnisse der zugrunde liegenden Pathophy-
siologie sind bei Urtikaria und Angioödem für
die Diagnostik und die Therapiewahl zentral.
Darüber sprachen Experten an der Tagung
DDG KOMPAKT 2012 in Berlin.
Die Nesselsucht (Urtikaria) äussert sich entweder durch Quaddeln oder durch Angioödeme oder oft durch beides zugleich. Auslöser sind die aus Hautmastzellen freigesetzten Mediatoren. Mastzellen sind die Schlüsselzellen, ohne die es keine Urtikaria gibt. Bis anhin sei aber noch unzureichend untersucht, welche Signale die Mastzellen aktivieren, sagte Prof. Dr. Marcus Maurer, Allergie-Centrum, Charité-Universitätsmedizin, Berlin. Gut untersucht ist dagegen, wie nach der Degranulation von Hautmastzellen Quaddeln und Angioödeme entstehen. Quaddeln sind im Grunde genommen kleine, oberflächliche Angioödeme, die nach Aktivierung subepidermal gelegener Mastzellen entstehen. Die Aktivierung von Mastzellen in der Subkutis bewirkt dagegen subkutane Angioödeme. Die reichlich in der Haut vorhandenen Mastzellen tragen viele verschiedene Rezeptoren, die alle zur Mastzellaktivierung führen können. Aus aktivierten Mastzellen freigesetzte Mediatoren (z.B. Histamin, Interleukine, Proteasen, andere proinflammatorische Mediatoren) wirken auf sensorische Hautnerven ein und verursachen dadurch Juckreiz. Die Einwirkung auf Gefässe bewirkt eine Weitstellung mit Rötung der Haut und eine Extravasation mit ödematöser Schwellung. Bei chronischer Quaddelbildung kommen zwei Gruppen von Differenzialdiagnosen in Betracht, die pathophysiologisch unterschiedlich sind (Tabelle): ● Histamin-vermittelte Formen (einerseits die spontane
chronische Urtikaria mit den Hauptursachen Autoreaktivität, Infekte und Intoleranzreaktionen; andererseits die physikalisch oder auf andere Weise induzierte chronische Urtikaria).

● Viel seltenere Interleukin-1-vermittelte Formen (bei Kindern CAPS, bei Erwachsenen das Schnitzler-Syndrom, das 1972 erstmals von der französischen Dermatologin Liliane Schnitzler beschrieben wurde).
Auch die Interleukin-1-Freisetzung erfolgt aus Mastzellen. Von CAPS oder Schnitzler-Syndrom betroffene Patienten sind aufgrund zusätzlicher systemischer Symptome schwer krank. Die Quaddeln stehen bei ihnen weniger im Vordergrund. Die Messung von Interleukin-1 im Blut ist wenig aussagekräftig, weil die Interleukin-1-Freisetzung nicht unbedingt zu hohen Blutspiegeln führt.

Tabelle:
Quaddeln

Mastzellmediator-vermittelt Chronische spontane Urtikaria

•autoreaktiv •intoleranzbedingt

•infektbedingt •andere Ursachen

Physikalische Urtikaria Andere Urtikaria

Interleukin-1-vermittelt1 Cryopyrin-assoziierte periodische Syndrome (CAPS)
•familiäres autoinflammatorisches Kältesyndrom (FCAS) •Muckle-Wells-Syndrom (MWS) •Neonatal-Onset-Multisystem Inflammatory Disorder
(NOMID/CINCA)
Schnitzler-Syndrom
1IL-1 kann auch von Mastzellen freigesetzt werden

Angioödem – mit oder ohne Quaddeln?
Bei 60 Prozent der Patienten mit chronischer spontaner Urtikaria sind neben Quaddeln auch Angioödeme vorhanden. Nur wenige Patienten mit Mastzellmediatorvermitteltem Angioödem weisen keine Quaddeln auf. Bei rezidivierendem Angioödem gilt es, auch an Bradykinin-vermittelte Angioödemformen zu denken. Aber nur in Ausnahmefällen kommen bei Patienten mit rezidivierenden, Bradykinin-vermittelten Angioödemformen auch Quaddeln vor. Auf Mastzellen ausgerichtete Behandlungen sind bei diesen Angioödemformen unwirksam. In der Praxis sind weit über 90 Prozent der Angioödeme

[medicos ] Nr. 2•2012

13

Urtikaria und Angioödem

Histamin-vermittelt. Dramatische, lebensbedrohliche, durch Bradykinin vermittelte Angioödeme kommen selten vor: ● Hereditäre Angioödeme
– vom Typ 1 mit stark erniedrigter C1-InhibitorKonzentration
– vom Typ 2 mit stark erniedrigter C1-InhibitorAktivität
– vom Typ 3 mit Faktor-XII-Mutation. ● Nicht hereditäre Angioödeme
– bei erworbenem C1-Inhibitor-Mangel – medikamenteninduziertes Angioödem (z.B. indu-
ziert durch ACE-Hemmer, die den Bradykininabbau blockieren) – idiopathisches Angioödem. Bei diesen Angioödemformen spielen Mastzellen keine Rolle. Die Bradykininrezeptorblockade ist zur symptomatischen Behandlung hochwirksam.
Infektbehandlung bei chronischer spontaner Urtikaria nützlich?
Komplette Beschwerdefreiheit bei Patienten mit Urtikaria zu erreichen, ist oft gar nicht einfach. Mit Standarddosen eines H1-Antihistaminikums wird nur ein Bruchteil der Patienten mit chronischer Urtikaria symptomfrei. Dass das Management verbessert werden kann, wenn chronisch persistierende Infekte gesucht und behandelt werden, erläuterte Prof. Dr. Bettina Wedi, Klinik für Dermatologie, Allergologie und Venerologie, Medizinische Hochschule, Hannover. Definitionsgemäss hat jede chronische spontane Urtikaria als akute Form begonnen. Es besteht kein Zweifel, dass Infekte wichtige Triggerfaktoren der akuten spontanen Urtikaria darstellen. Akut bedeutet, dass die Urtikaria in der Regel nach 2 bis 4 Wochen (definitionsgemäss innerhalb von 6 Wochen) wieder verschwunden ist. Bei mehr als der Hälfte der Patienten wird die akute spontane Urtikaria durch akute virale Infekte des oberen Respirationstraktes getriggert. Obschon Patienten häufig vermuten, dass Nahrungsmittelallergene die Urtikaria auslösen, spielen diese als Triggerfaktoren nur eine sehr geringe Rolle. Dass eine akute Urtikaria durch eine IgE-vermittelte Nahrungsmittelallergie ausgelöst wird, komme nur sehr selten vor, sagte Bettina Wedi. Bei der chronischen spontanen Urtikaria ist die Evidenzlage für die Triggerfunktion von Infekten eher
Urtikaria-Anamnese, Dermografismus, ggf. physikalische Testungen, Diff. BB, CRP, C1-INH-Aktivität

Infekte
•Helicobacter pylori •Streptokokken •Staphylokokken •Yersinien
behandelbar

Autoreaktivität
•Autologer Serumtest •Schilddrüsen-AutoAk •(zelluläre Funktionstests) •(ANAs)
???

Pseudoallergie
•Vermeiden: ASS, NSAID •(pseudoallergenarme Diät)
vermeidbar

(nach Prof. Dr. Bettina Wedi) Abbildung: Diagnostik bei chronischer spontaner Urtikaria

14

schwach. Insgesamt kommen Infekte bei Patienten mit chronischer Urtikaria nicht häufiger vor als in der altersentsprechenden Allgemeinbevölkerung. Doch auch in der aktuellen deutschsprachigen Version der internationalen S3-Leitlinie zur Klassifikation und Diagnostik der Urtikaria wird bei chronischer spontaner Urtikaria zusätzlich zur Routine-Labordiagnostik (Differenzialblutbild, BSG oder CRP) im erweiterten Diagnostikprogramm die gezielte Suche nach infektiösen Erkrankungen und entzündlichen Prozessen empfohlen (1). Explizit erwähnt wird dabei die Helicobacterpylori-Infektion. Zur Helicobacter-Suche empfahl Bettina Wedi einen monoklonalen Stuhl-Antigen-Test.
Kann Helicobactereradikation die chronische Urtikaria stoppen?
Bei jedem Patienten mit chronischer spontaner Urtikaria und Helicobacterbesiedelung sollte nach Ansicht der Referentin eradiziert werden. Im Vergleich zu Patienten ohne Helicobacterbehandlung verdoppelt die Eradikation die Remissionschancen. Wenn publizierte Studien zu dieser Fragestellung zusammengefasst werden, ergibt sich ohne Eradikation in 33 Prozent eine komplette oder partielle Remission der Urtikaria, mit Eradikation dagegen in 61 Prozent (2). Schwierigkeiten bereitet der zunehmende Wirkungsverlust der Tripeltherapie, besonderes bei höherem BMI und bei Rauchern. Hauptsächlich gegenüber Clarithromycin kommen immer häufiger Resistenzen vor. Es ist deshalb wichtig, den Eradikationserfolg 4 bis 6 Wochen nach der Behandlung zu überprüfen. Nur nach erfolgreicher Eradikation ist zu erwarten, dass die chronische Urtikaria mit einer Verzögerung von 8 bis 12 Wochen (Ausheilungszeit der chronischen Gastritis) verschwindet, vorausgesetzt natürlich, dass nicht noch ein zusätzlicher Triggerfaktor im Spiel ist. Aufgrund von Fallbeschreibungen und Studien kommen als weitere infektiöse Triggerfaktoren in Betracht: Streptokokken, Staphylokokken, persistierende Yersinien-Infekte, Virusinfekte (z.B. Hepatitis C), Parasiten (in der Schweiz z.B. Blastocystis hominis) und nicht genauer spezifizierte Infekte (Tonsillitis, chronische Sinusitis, Dentalfokus, Harnwegsinfekte). Zum Triggerfaktor Dentalfokus gibt es eindrückliche Fallberichte, die schildern, wie sogar eine Antihistaminika-resistente chronische Urtikaria nach konsequenter Zahnsanierung verschwinden kann. Auch bei rund 12 Prozent ihrer eigenen Fälle stiess die Referentin auf Auffälligkeiten im Bereich der Zähne. Sie stützt sich konsequent auf Streptokokkenserologien (Anti-Streptolysin, AntiDNase), um persistierende Streptokokkeninfekte zu erkennen. Im Kindesalter steckt hinter den sehr seltenen Fällen von chronischer Urtikaria oft ein persistierender Streptokokkeninfekt. Bei zwei Dritteln kann durch konsequente antibiotische Infektsanierung eine komplette Remission der chronischen Urtikaria erreicht werden. Hingegen lohnt es sich nicht, im Stuhl nach einer intestinalen Kolonisation mit Candida spp. zu suchen, denn erfahrungsgemäss verschwindet die chronische Urtikaria nach konsequenter Candidasanierung nicht.
[medicos ] Nr. 2•2012

Urtikaria und Angioödem

Von der Helicobactereradikation profitieren nicht nur Patienten mit Histamin-vermittelter Urtikaria, sondern auch Patienten mit Bradykinin-vermitteltem Angioödem. Durch Helicobactereradikation kann eine signifikante Verminderung der Attacken bei hereditärem Angioödem mit C1-Esterase-Inhibitor-Mangel erreicht werden. Auch bei diesen Patienten sollte also Helicobacter gesucht werden, so die Referentin. In Einzelfallbeschreibungen wird darauf hingewiesen, dass bei Patienten mit chronischer spontaner Urtikaria Helicobacter-spezifische IgE-Antikörper vorkommen können. Zurzeit laufen klinische Studien mit dem Anti-IgE-Antikörper Omalizumab, dessen Wirksamkeit bei schwer behandelbaren Patienten mit chronischer spontaner Urtikaria aufgrund vieler Fallbeschreibungen vielversprechend ist.
Wie sind Todesfälle durch rezidivierende Angioödeme vermeidbar?
Jedes Jahr kommt es in Deutschland zu einem Todesfall durch Angioödeme, berichtete Prof. Dr. Konrad Bork, Universitäts-Hautklinik, Mainz. Am häufigsten sind Patienten mit hereditärem Angioödem betroffen. Wenn das Ödem die oberen Luftwege verschliesst, kommt es innerhalb von Stunden zum plötzlichen Erstickungstod. Die Bezeichnung Quincke-Ödem wird nicht mehr verwendet. Angioödeme rezidivieren in unregelmässigen Abständen, dauern jeweils 1 bis 7 Tage und betreffen die Haut, die Zunge, die Glottis und den Larynx sowie den Magen-Darm-Trakt. Es gibt erworbene und hereditäre Angioödeme. Besonders gut erforscht ist das hereditäre Angioödem durch C1-Esterase-Inhibitor-Mangel (HAE-C1-INH). Von dieser Diagnose sind in Deutschland rund 1200 Personen betroffen, je zur Hälfte Frauen und Männer. Neuerdings wurde ein zweites hereditäres Angioödem bekannt, bei dem der C1-Inhibitor normal, jedoch das Faktor-XII-Gen mutiert ist (3). Das HAE-C1INH wird autosomal dominant vererbt. Die Genstörung ist auf dem langen Arm des Chromosoms 11 lokalisiert. Fast jede betroffene Familie weist ihre eigene Mutation auf, wobei die Ursachen für die vielen verschiedenen Mutationen nicht bekannt sind. Patienten mit HAE-C1-INH leiden rezidivierend an Magen-Darm-Attacken (schmerzhafte Bauchkrämpfe, Durchfall, Erbrechen), weil Darmschlingen durch ein Wandödem verschlossen werden und es zum passageren Ileus kommt. Durch Flüssigkeitsaustritt in den freien Bauchraum entsteht zudem während der Attacke ein Aszites, der innerhalb von 2 Tagen wieder resorbiert wird. Passagere Hautschwellungen treten während jeweils 1 bis 2 Tagen an den Extremitäten, im Gesicht oder am Genitale auf. Lebensgefährlich ist das Larynxödem. Gemäss einer vor 20 Jahren publizierten Untersuchungsserie erleiden 30 Prozent der Betroffenen mehr als 12 Attacken pro Jahr und 70 Prozent 12 oder weniger Attacken (3). Bei der Labordiagnostik ist neben der Konzentrationsbestimmung von C1-INH im Plasma immer auch eine Aktivitätsmessung von C1-INH erforderlich. C1-INH bindet sich an verschiedene Proteasen und inhibiert sie. Man weiss heute, dass nicht die fehlende Inhibition der ersten Komplementkomponente (C1), sondern die

ungenügende Hemmung des Kallikrein-Kinin-Systems für die Pathogenese des HAE-C1-INH entscheidend ist (3). Wenn die Kallikrein-Kinin-Kaskade fast ungehemmt ablaufen kann, entsteht zu viel Bradykinin, das als Hauptmediator die Ödeme des HAE-C1-INH auslöst.

Ist Selbsttherapie bei akuten Attacken möglich?

Während geringfügige Schwellungen an Händen und

Füssen in der Regel keiner Behandlung bedürfen, wird

bei akuten Gesichtsschwellungen oder stark schmerzhaf-

ten abdominalen Attacken die frühzeitige intravenöse

Injektion von C1-INH-Konzentrat empfohlen (C1-Esterase-

Inhibitor aus Humanplasma: Berinert® P und als Human-

arzneimittel mit Orphan-Drug-Status: Cinryze® 500 U).

Nach entsprechender Schulung injizieren sich viele Pa-

tienten das Präparat selbst oder lassen es sich von Ange-

hörigen spritzen. Der dem Referenten bekannte jüngste

Patient mit hereditärem Angioödem, der die intravenöse

Injektion zu Hause selbst durchführt, ist ein Kind von

6 Jahren. Conestat alfa (Ruconest® mit Orphan-Drug-

Status) ist eine rekombinante Kopie des C1-Esterase-

Inhibitor-Proteins. Vor der Extraktion gilt es, «Kanin-

chen zu melken», so der Referent. Kaninchen, denen das

für den humanen C1-IHN verantwortliche Gen einge-

setzt wurde, bilden in der Milch Conestat alfa. Das Prä-

parat, das langsam intravenös injiziert wird, ist klinisch

sehr wirksam. Es darf aber nicht bei Patienten mit

Kaninchenepithelallergie und nicht zur Heimtherapie

(Selbstinjektion) verwendet werden. Bei besonders schwe-

ren Fällen kann C1-INH-Konzentrat zweimal pro Woche

als Langzeitprophylaxe verwendet werden (Cinryze®

von EMEA zur Langzeitprophylaxe zugelassen).

Auf einem ganz anderen Wirkprinzip beruht Icatibant

(Firazyr®), das bei HAE sehr wirksam ist und von den

Patienten selbst subkutan injiziert werden kann. Es han-

delt sich um ein synthetisches Dekapeptid mit Brady-

kinin-ähnlicher Struktur, das als selektiver kompetitiver

Antagonist an den Bradykininrezeptoren auf den

Endothelzellen die Wirkung von Bradykinin verhindert.

Weil die Symptome nach wenigen Stunden wieder auf-

treten können, benötigen etwa 10 Prozent der Patienten

eine zweite subkutane Injektion. In den USA wird auch

der synthetische Kallikrein-Inhibitor Ecallantide ein-

gesetzt, der sich in mehreren klinischen Studien bei

akuten HAE-Attacken als hochwirksam erwiesen hat.

Nicht wirksam sind dagegen Kortikosteroide, Antihist-

aminika oder Adrenalin (3).

●

Alfred Lienhard

Redaktioneller Bericht ohne Sponsoring.

Referenzen:
1. Zuberbier T et al. Teil 1: Klassifikation und Diagnostik der Urtikaria – deutschsprachige Version der internationalen S3-Leitlinie. Allergo J 2011; 20: 249–258.
2. Wedi B et al. Urticaria and infections. Allergy, Asthma & Clinical Immunology 2009; 5: 10.
3. Bork K. Rezidivierende Angioödeme mit potenzieller Erstickungsgefahr. Deutsches Ärzteblatt 2010; 107: 408–414.

[medicos ] Nr. 2•2012

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